Workshop „Anras:vordenken, Zukunftsprojekt Anras 2020+“
vom 08.05.2015 bis 09.05.2015 auf Kollreid, Anras
Begehung der Gemeinde Anras und Workshop mit vierzig internationalen Studenten auf Kollreid
Auf Initiative von Univ.-Doz. Dr. Martin Stuchtey, Director of McKinsey Center for Business & Environment, München und Univ.-Prof. Dr. Johann Füller, Professor für Innovation and Entrepreneurship am Department of Strategic Management, Marketing and Tourism der Universität Innsbruck fand vom 08.05.2015 bis 09.05.2015 in Zusammenarbeit mit dem Heimatpflegeverein Anras ein Workshop unter dem Titel „Anras:vordenken, Zukunftsprojekt Anras 2020+“ am Seminarhof Kollreid statt.

Unter Mitarbeit von 40 internationalen Masterstudenten des Studiengangs „Innovation and Entrepreneurship“ der Universität Innsbruck wurden mögliche wirtschaftliche und touristische Zukunftsstrategien für die weitere nachhaltige Entwicklung der Gemeinde Anras diskutiert und erarbeitet.
Unter dem Motto „ Anras: vordenken“ in Anlehnung an die Initiative „Vordenken für Osttirol“ waren als Gastredner des Heimatpflegevereins Anras Wirtschafts- und Finanzbeirat Werner Goller, Gemeinderat und Obmann-Stellvertreter Hans Fuchs sowie Obmann Dr. Robert Perfler geladen.
Im Rahmen einer Begehung fand ein Lokalaugenschein der Naturschätze sowie der profanen, sakralen und volkskundlichen Besonderheiten der Gemeinde statt, weiters erfolgte eine Besichtigung des touristischen und wirtschaftlichen Potentials der Gemeinde, bei dem auch der sog. „Mühlenweg“ begangen wurde.
Einhellig wurde das bisher ungenutzte große touristische und wirtschaftliche Potential der Gemeinde hervorgehoben und die Stärken und Schwächen der Gemeinde diskutiert.
So ist mittlerweile von den ursprünglich vier Anraser Gasthäusern nur noch ein einziges in Betrieb.
Neu renovierte Kulturjuwele wie Schloss Anras und der Anraser Kornkasten sind seit 2014 geschlossen.
Modern zurückdenken und nachhaltiges Auftanken
Unter dem Motto „Modern zurückdenken“ wurden von den Wissenschaftern Authentizität, Regionalität und Interaktivität als Basisfaktoren einer touristischen Entwicklung der Gemeinde erkannt.
Die Abgeschiedenheit und Unbekanntheit des Ortes wurden sowohl als Schwäche als auch als mögliche Stärke erachtet, da auf dieser Basis ein Image kreiert und gezielt entwickelt werden könne nach dem Motto: „Wie wollen wir wahrgenommen werden?“, „Welches Produkt wollen wir darstellen?“, „Wofür stehen wir?“
Mit dem Begriff „Nachhaltiges Auftanken“ wurde auf die vielfältige Nutzbarkeit und Bedeutung der vielen Bäche der Gemeinde und des Wassers als Potential hingewiesen, sowohl als Grundnahrungsmittel, als auch als Arbeitsmittel, historisch für Mühlen und Sägewerke, heute zur Energieerzeugung zum Beispiel für Elektromobilität und als „Kraftplatz“ für Touristen. Auch auf die Möglichkeit von „no-footprint-vacation“ im Bereich des Mühlenweges wurde hingewiesen.

Dementsprechend ergäbe sich aus der „Kraft des Wassers“ die Möglichkeit der Entwicklung eines touristischen Konzeptes unter dem Titel „Natur und Technik“. Den derzeitigen Trend nutzend könne Anras eine Vorreiterrolle bei Elektromobilität und beim E-Bike-Tourismus einnehmen und somit den steilen aber reizvollen Anstieg aus dem Drautal von einem Nach- in einen Vorteil verwandeln.
Auf Stärken fokussieren
Aufbauend auf der gut erhaltenen und revitalisierten Bausubstanz des Dorfkernes mit Schloss Anras als Zentrum auf sonniger, fruchtbarer Terrassenlage, gelegen an der Pustertaler Höhenstraße sowie vom Drautalradweg durchzogen, müssen sich alle Angebote der Gemeinde komplementär dazu entwickeln mit dem Ziel, ein weiterer attraktiver Anlaufpunkt im Gesamterlebnis Pustertal darzustellen.
Dazu sollte das Schloss Anras als kulturelle Plattform mit Musik-, Kunst- und Kulturveranstaltungen, aber auch als Ausgangspunkt für aktives und interaktives Wandern zum Entdecken von Geschichte, Kultur und Natur in Verbindung mit Bewegung und dem Kennenlernen von Land und Leuten dienen. Nur so, war die einhellige Meinung, werden Gäste in der Gemeinde gehalten und kann eine entsprechende Wertschöpfung aus dem Tourismus gezogen werden.
Die Verknüpfung der Angebote auf der Pustertaler Sonnenterrasse mit dem bestehenden Wander- und Wegenetz und der umgebenden Alm- und Bergseenwelt wurde als wesentlich erachtet. Durch die Vermarktung von Anras als Gesamtpaket und die Fokussierung auf spezielle Angebote sollte die Gefahr der Duplizierung von Einzelangeboten, die auch in Nachbargemeinden vorhanden seien, umgangen werden.
Ziel sei es, ein Gesamterlebnis zu kreieren, Gefühle, Emotionen und Erlebnisse zu schaffen und nicht nur Orte und Objekte zu errichten und zu erhalten, sondern diese auch zu beseelen und Geschichten wiederaufleben zu lassen. Dabei stellt die Einbindung und Mobilisierung der Dorfbevölkerung als Träger und Partner bei der Umsetzung einen Eckpfeiler bei der Durchführung aller Vorhaben dar. An Persönlichkeiten in Anras als Vermittler und Botschafter für Historie, Tradition und Kultur, Handwerk und Natur mangelt es nicht.
Standortfaktoren und Cultural Change Management
Univ.-Doz. Dr. Martin Stuchtey hob die Bedeutung einer spezifischen regionalökonomischen Philosophie hervor: Die zunehmende Konvergenz von städtischer und ländlicher Lebensweise sowie die Vernetzung durch Internet und moderne Medien mache geographische Entfernungen zunehmend irrelevant und käme Standorten in Randlage zu Gute.
Es wurde die Frage gestellt, welche Standortqualität und welche Faktoren sowie welche Aufwertung des Dorfes erfolgen müsse, um verstärkt in die Perzeption von Unternehmern und Unternehmen zu kommen.

Wichtig sei auch das „Cultural Change Management“ im Dorf. So wurde zur Diskussion gestellt, was erforderlich sei, um das Zielbild für jeden Einzelnen relevant und attraktiv erscheinen zu lassen, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen und bestehende Handlungsblockaden zu überwinden.
Agrarinnovation und Wertschöpfungskette
Dr. Martin Stuchtey und Dr. Robert Perfler betonten die Notwendigkeit für mehr lokale Agrarinnovation. Die Landwirtschaft der Gemeinde sei gekennzeichnet durch eine viel zu geringe Wertschöpfung.
Rinderzucht alleine, noch dazu in ertragsschwachen Bergregionen, ohne Innovation und Teilhabe an einer verlängerten Wertschöpfungskette zu betreiben, sei sowohl im lokalen als auch im globalen Wettbewerb unzureichend. Zudem sei die derzeitige konventionelle Landwirtschaft ein System abnehmender Grenzerträge und somit an ihren Leistungsgrenzen angelangt.
Sich als Landwirt nur auf die Unterstützung der Allgemeinheit in Form von Beihilfen und Förderungen zu verlassen sei zu wenig, ja belaste die Allgemeinheit, da sie ihr finanzielle und materielle Ressourcen entziehe, welche anderswo, insbesondere im innovativen Bildungs- und Forschungsbereich fehlten.
Zukunftsprojekt „Anras 2020 +“
Werner Goller stellte schließlich das Konzept „Anras 2020+“ vor, das ausgehend von der ursprünglichen Idee des Heimatpflegevereins Anras, einen

historisch wertvollen Bauernhof der Gemeinde, den „Orthof“ zu retten und an eine neue Destination zu transferieren, entwickelt wurde.
Rasch erkannten die Verantwortlichen, dass dieses Projekt alleine in dieser Form, trotz seines hohen volkskundlichen Wertes, nicht ausreichend wirtschaftlich nachhaltig zu gestalten ist.
Somit lag es auf der Hand, ein umfassenderes und gut durchdachtes wirtschaftliches, energetisches und touristisches Gesamtkonzept für die Gemeinde zu entwickeln.
Dieses Gesamtkonzept umfasst mit Bezug auf die touristische Aufwertung fünf Säulen: das Pfleggerichtshaus bzw. Schloss Anras, den Anraser Kornkasten, die elf Kirchen und Kapellen der Gemeinde, die volkskundlichen Denkmäler wie die Anraser Mühlen und den Orthof sowie die Destination Kollreid in Verbindung mit einem informativen Ausbau des Anraser Wanderwegenetzes, welches viele weitere volkskundlich und historisch interessante Plätze umfasst. Langfristig umfasst sie die gesamthafte Entwicklung des Wirtschaftsstandortes: das Energiekonzept, die Ansiedlung von (digitalen) Dienstleistungsgewerben und die Entwicklung einer hochqualitativen Landwirtschaft.
Die Zukunft Tirols und der größere Zusammenhang
Univ.-Prof. Dr. Johann Füller setzte die Diskussion in einen größeren Zusammenhang und verwies dabei auf die Aktion „Die Zukunft Tirols“.
Dabei rufen der Lehrstuhl für Innovation und Entrepreneurship der Universität Innsbruck zusammen mit Studierenden der Universität und der Wirtschaftskammer Tirol alle Tiroler*Innen auf, ihre Ideen und Visionen für das Tirol der Zukunft zu sammeln, zu diskutieren und zu entwickeln.
Was muss sich tun in Tirol? Worin sind wir gut, wo gibt es Verbesserungspotential? Wie schaffen wir ein Land der Möglichkeiten, in dem sich jede*r verwirklichen kann und jede*r gerne ist und auch bleibt?
Anras wird weiter wirtschaftswissenschaftlich analysiert
Die Veranstaltung traf auf reges Interesse bei der internationalen Studentenschaft. Beachtenswert ist, dass in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck das Konzept „Anras:vordenken“ im Rahmen einer wirtschaftswissenschaftlichen Masterarbeit weiter ausgearbeitet und verfolgt wird.
Für den Heimatpflegeverein Anras
Dr. Robert Perfler, Obmann
Heimatpflegeverein Anras
Dr. Robert Perfler
Obmann
robert.perfler@hpv-anras.at www.hpv-anras.at
Heimatpflegeverein Anras
Werner Goller
Ideenfindung und Konzeptentwicklung
Beirat für Wirtschafts- und Finanzfragen
werner.goller@hpv-anras.at www.kunstpavillon.com
McKinsey Center for Business & Environment
Univ.-Doz. Dr. Martin R. Stuchtey
Director of the McKinsey Center for Business & Environment
80333 München , Germany
martin_stuchtey@mckinsey.com www.kollreid.at
Innovation and Entrepreneurship
Univ.-Prof. Dr. Johann Füller
Universitätsstraße 15
6020 Innsbruck, Austria
Johann.Fueller@hyve.net www.zukunft-tirols.at
Heimatpflegeverein Anras
Unterried 8
9912 Anras, Austria
ZVR 650466813
http://www.heimatpflegeverein-anras.at/
info@hpv-anras.at
Zum Nachlesen in Bezirksblätter Tirol – Nachrichten aus Deinem Bezirk:
http://www.meinbezirk.at/osttirol/chronik/anraser-denken-eine-ecke-weiter-d1369417.html